· 

Los geht's

Hej,

 

Da ich jetzt wieder im Volu-Haus bin und hier genügend Internet besitze, endlich ein paar Infos über die letzten Wochen. Wahnsinn, dass ich jetzt schon fast 50 Tage in Ghana bin, kommt mir noch gar nicht so lange vor.

 

 

Und los geht’s!

 

Am 02. Oktober startete endlich unser Arbeitsalltag und so zog ich für zwei Wochen ins WEM-Centre, gemeinsam mit Moritz, der nach einer Woche den Arbeitplatz mit Sebastian tauschen wollte. Die große Aufgabe ist es nämlich für uns einen Arbeitsplan zu erstellen, so dass jeder mit jedem zusammenarbeitet und an jedem Ort.


Das WEM ist eine Art Internat für die Beneficaries hier leben sie und besuchen eine öffentliche Schule, wenn sie aus persönlichen Gründen nicht zu ihrer Familie zurückkehren können.

 

Das WEM liegt in Ayikuma und hier spricht ein Großteil der Bevölkerung Dangue. Auf Dangue bedeutet „WEM“ Zuhause und beschreibt so mit ganz gut die Funktion des WEM. Die Kinder leben hier wie in einer großen Familie zusammen, lachen, lernen, machen Hausarbeiten und streiten natürlich auch ab und zu mal. Momentan leben acht Mädchen und zwölf Jungen im WEM. Das WEM liegt außerhalb Ayikumas, einem kleinen Dorf, und ist somit relativ abgekapselt von der Umwelt, neben einer schlechten Internetverbindung merkt man dies bei der Wasserversorgung und Müllentsorgung. So habe ich die erste Woche hier ohne fließendes Wasser verbracht und musste zum Duschen Wasser aus dem Tank holen, aber auch daran gewöhnt man sich relativ schnell.

 

Damit ihr mir besser folgen könnt kommt hier mal einen Überblick über den Tagesablauf im WEM:

 

 

4:30 Uhr, Aufstehen (zumindest für die Kinder)

 

Bis 5:30 Uhr, wir gebadet, geputzt und Frühstück vorbereitet

 

5:30 Uhr, Start der „Morning Devotion“, hier wird zusammen gesungen, gebetet und die Bibel gelesen

 

6:00 Uhr, Frühstück, typischerweise gibt es hier selbst gebackenes Brot und schwarzen Tee mit Milch und Zucker

 

6:30 Uhr, Einpacken des Mittagessens und auf geht es zur Schule

 

14:30 Uhr, Ankunft der ersten Kinder im WEM

 

16:00 Uhr, Start der Preps, hier werden Hausaufgaben erledigt und anschließend gelernt

 

18:00 Uhr, Ende der Preps und beginn des Badens und Essen kochen

 

18:30 Uhr, „Abendbrot“

 

19:00 Uhr, Beginn der Moral Class

 

20:00 Uhr, Schlafen

 

Ein ganz schön anstrengender Tag und ich glaube, so ziemlich jedes deutsche Kind würde sich darüber beschweren…

 

Glücklicherweise muss ich immer erst um 5:30 Uhr am Start sein und diese eine Stunde mehr Schlaf genieße ich wirklich, genauso wie den zumindest teilweise freien Vormittag. Denn je mehr wir im Projekt ankommen, desto mehr Arbeiten fallen für uns an. Jeder Freiwilliger unterstützt einen Arbeitsbereich und so bin ich für die ghanaische Webseite des Projektes zuständig, unser momentanes Ziel jede Woche einen neuen Artikel zu veröffentlichen, frisst neben dem Protokolle schreiben (die klassische Freiwilligenaufgabe) von verschiedenen Mitarbeiter-Treffen und dem schreiben neuer Blogartikel momentan einen Teil meines Vormittags.

 

Den restlichen Vormittag nutzen wir dann manchmal um ins Dorf zu laufen und uns mit frischem Obst zu versorgen, am liebsten Bananen, die schmecken hier einfach richtig gut und das auch, wenn sie braun sind, so dass sie in Deutschland keiner mehr kaufen würden. Ich bin aber inzwischen auch ein richtiger Ananas-Fan, die schmeckt hier aber auch wesentlich besser als in Deutschland.  Wenn wir nicht unterwegs sind genieße ich einfach bei ein paar Keksen oder dem Mittagessen die Aussicht und beobachte die Tiere. Wahnsinn wie viele verschiedene Vögel, Eidechsen und Insekten es hier gibt und man fühlt sich manchmal wie im Regenwald-Dokumentarfilm und wird stark an die Bilder im Biounterricht erinnert.

 

Und dann ist es auch schon 14:30 Uhr, so langsam trudeln die Kinder ein und es wird wieder laut und wuselig. In meiner ersten Arbeitswoche hatte Sister Tonia, die Leitung des Projektes, die auch die Leitung der Preps innehat, Urlaub und so liefen die Preps meist sehr chaotisch ab.
Fünf Kinder wollten zeitgleich etwas von mir und so hört ich ständig ein „Sister Juli“. Gar nicht so einfach Mathe und Englisch zeitgleich zu erklären und dann auch noch Buntstifte und Bücher aus dem Büro zu holen und dem vierten Kind neue Aufgaben zu geben.

 

Da zur Zeit der Monat des Rosenkranzes ist, wird in der Moral Class jeden Abend ein Rosenkranz gebetet….
Anschließend geht es häufig um das Gruppenverhalten, wobei mit Hilfe von Bibelstellen das Verhalten der Kinder am Tag reflektiert wird. Klingt vielleicht etwas hart, ist aber vergleichbar mit „Klassenregeln“ oder „Schulregeln“ in Deutschland, und so lernen die Kinder mehr auf sich und ihr Verhalten gegenüber ihren Mitmenschen zu achten.

 

Und dann ist es Zeit zu schlafen, etwas dass nach einem so langen Tag richtig guttut.

In der ersten Woche, waren dann die Kinder Von Sister Sandra, der Köchin, häufig mit im WEM und so hatten Moritz und ich eine Beschäftigung am Vormittag, denn dei Zwillinge halten einen immer auf Trab.

Aber langweilig wird es eh nie und so besuchten wir am Freitagvormittag eine Apothekeneröffnung. Dort wurde ein kostenloser Gesundheitscheck angeboten, für die Kinder aus dem Projekt eine ziemlich gute Sache, zu dem hatten auf Grund eines Feiertages viele Kinder schulfrei. Eine Apothekeneröffnung in Ghana ohne Gott, Gesang und Gebet funktioniert nicht und so kamen Moritz und ich in den Genuss eines ziemlich charismatischen Priesters…

 

Da kann ein Gebet schonmal eine halbe Stunde dauern. Besondere Besucher, wie Polizeichef und Apothekenvorstand, der Veranstaltung wurden in den Mittelpunkt gestellt, als Weißer zählt man bei solchen Veranstaltungen leider im als Ehrengast und so war der Applaus für uns gefühlt doppelt so lang wie für alle anderen. Ich fand die Situation ziemlich unangenehm und auch in der Kirche müssen wir immer wieder feststellen, dass wir ohne Grund in den Mittelpunkt gerückt werden.

Am Samstag, kurz nach Sonnenaufgang, ging es dann auf die Mango Plantage zum Rasen kürzen. Beim Farming, sollen die Kinder einen Einblick in das Berufsleben des Farmers gewinnen. Ihnen soll bewusst werden, wie ihre Lebensmittel entstehen. Am Vormittag kamen dann die „Knights of St. John International“, eine Wohltätigkeitorganisation zu Besuch und brachten einige Spenden für das Projekt mit, gemeinsam wurde gesungen, getanzt und gelacht.

 

 

Aber Wochenende heißt auch für die Kinder mal durchatmen und so wurde Fußball gespielt, Filme geguckt und einfach mal entspannt, wobei das vielleicht mehr die Kinder betrifft, als uns Freiwillige. Nach dem Gottesdienst, hier mussten sich alle neuen Gäste der Gemeinde vorstellen, natürlich mussten auch die Weißen nach vorne gehen, ist Moritz dann zurück nach Ashaiman gefahren, so dass ich bis zum Montagmittag alleine im WEM war.
Nach einem Wochenende mit dauernder Einsatzbereitschaft war ich froh den Montagmorgen für mich zu haben und nicht 20 Kinder um mich herum zu haben.

 

Die Tage vergehen hier wie im Flug und ich habe bestimmt die Hälfte der Dinge vergessen, es passiert einfach viel zu viel an einem Tag.

 

 

 

Und zack ist die zweite Arbeitswoche auch schon vorbei…

 

Am Anfang der Woche kam Sister Tonia zurück und seitdem gibt es eine klare Struktur bei den Preps. Jetzt bin ich „Lehrerin“ der Klasse 4. Auch hier gibt es Tücken, denn alle vier Kinder gehen auf unterschiedliche Schulen und haben dementsprechend andere Aufgaben. Außerdem haben sie alle einen anderen Lernstand, gar nicht so einfach da Aufgaben zu finden, die für alle geeignet sind und allen gleich viel Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Dadurch habe ich inzwischen angefangen den Vormittag zum Vorbereiten von Arbeitsblättern für den Nachmittag zu nutzen, dann läuft die Prep etwas entspannter ab und ich kann denjenigen helfen, die Probleme haben. Aber so langsam komme ich immer mehr rein und das unterrichten macht mir wahnsinnig viel Spaß. Es ist jedoch gar nicht so einfach manche Inhalte aus den Naturwissenschaften auf Englisch zu erklären, vielleicht hätte ich da aber auch in der Schule manchmal einfach mehr aufpassen müssen.
Da Basti kein Französisch spricht und hier gefühlt jedes Kind Französisch Unterricht hat frische ich meine Französischkenntnisse wieder auf und kann endlich feststellen, dass es nicht sinnlos war 5 Jahre lang Französisch zu lernen.

 

Ich bin schon richtig gespannt wie nächste Woche das Unterrichten der Vorschüler wird, da das ja noch einmal eine ganz neue Situation ist, aber bestimmt auch wahnsinnig viel Spaß macht.

Zusätzlich zu den normalen Preps habe ich jetzt noch zwei Lesekinder, mit denen ich vor oder nach dem "Abendbrot", das Lesen übe. lesen üben funktioniert hier irgendwie ganz anders als in Deutschland. Während ich mich daran erinnere, in der ersten Klasse ein Wort Silbe für Silbe gelesen zu haben, wird hier durch buchstabieren gelernt. Nach einigen Versuchen habe ich aber auch feststellen müssen, dass man Englische Wörter nicht wie Deutsche Wörter lesen kann, da die Aussprache der Buchstaben häufig variiert.

„Abendbrot“ ist etwas, das mich in Ghana nicht so wirklich begeister, denn leider gibt es hier immer nur Abendessen. Meistens in der Form von Banku, gemahlener gegorener Mais, der gekocht wird, etwas gewöhnungsbedürftig. Ich vermisse da manchmal schon mein deutsches Brot, mit dem deftigen Geschmack und einer Scheibe Wurst oder Käse. An alle anderen Dinge gewöhnt man sich jedoch relativ schnell, so habe ich so langsam Taktiken entwickelt um auch ohne Strom meine Sachen zu finden und die Taschenlampen so zu verteilen, dass immer eine in greifbarer Nähe ist.

 

Am Donnerstag hatte ich dann trotzdem das Gefühl, dass die Welt untergeht. Da wir den gesamten Tag schon auf den Strom verzichtet hatten brach beim Abendessen ein riesiger Jubel unter den Kindern aus, als mit einem Mal das Licht wieder anging, die romantische Stimmung mit zwei Kerzen auf dem Tisch vorher war aber auch nicht schlecht. Dank des plötzlichen Lichtes wurde der Rosenkranz dann beim Spazierengehen gebetet. Für den Tagesabschluss zurück im Essensraum fing das Licht an zu flackern der Ventilator ging aus, es fing an zu blitzen und zu donnern…
Und dann fing es an im wahrsten Sinne des Wortes aus „Eimern zu gießen“, der Rückweg ins Mädchenhaus wurde mit einem „Regenschirm-Shuttle“ gemacht. In dem hübschen Bächlein, dass sich zwischen den Häusern gebildet hatte wäre mein Flipflop dann fast weggeschwommen. Und dann war auch noch das Dach im Jungenhaus undicht.

Als alle in ihren Betten waren konnte ich dann echt gut schlafen. Basti hatte da mehr Pech, denn um halb eins war der Stromausfall vorbei und im Jungenhaus gingen alle Lampen und Ventilatoren an.

Gewittern und Regnen tut es in Ayikuma übrigens ziemlich oft, da es direkt an einem Gebirge liegt und die Wolken davor immer abgefangen werden, auch jetzt ist es wieder stockfinster und blitzt. Zum Glück wechselt das Wetter in Ayikuma relativ schnell und so kann hier in einer Stunde schon wieder so stark die Sonne scheinen, dass ich in den Schatten flüchten muss.

 

Heute ist Freitag und ich fange so langsam an meine Sachen wieder einzupacken, um Sonntag zurück nach Ashaiman zu fahren. Die Kids werde ich ganz schön vermissen, sie sind mir jetzt schon mega ans Herz gewachsen auch wenn sie ganz schön frech sein können. Die Kleinsten sind dabei am schlimmsten und auch wenn Collins und Kofi heute Morgen noch wahnsinnig lieb wissen wollten, wie man „Good morning“ auf Deutsch sagt, darf man sich nicht täuschen lassen. Wer weiß was sie heute Nachmittag dann anstellen…

 

Erstmal ist heute Nachmittag noch Religionsunterricht mit Sister Tonia, den ich noch nicht kenne, mal gucken wie das so wird. Am Sonntag fahren Basti und ich dann zurück nach Ashaiman und Moritz und Marie ziehen ins WEM.

 

Ach ja, es wurden am Anfang der Woche übrigens vier neue Grascutter-Babys geboren, die sind echt niedlich und ich kann euch jetzt auch endllich zeigen, wie sie aussehen.

Sonntag kommt dann Lukas nochmal im Volu-Haus vorbei, der seine Rundreise durch Ghana beendet und dann findet vielleicht bis Weihnachten ein halbwegs normaler Alltag in Ghana statt…

 

 

 

Akyire Jule!

 

Zurück zum Blog

 

Kommentare: 0 (Diskussion geschlossen)
    Es sind noch keine Einträge vorhanden.